Baha Taher
Roman. Aus dem Arabischen von Regina Karachouli. Unionsverlag, Zürich 2012, 333 Seiten, Euro 20,50
Ägypten, Ende des 19. Jahrhunderts: Machmud Abdel Sahir wird von Kairo als Distriktkommissar in die Oase Siwa entsandt, wo er von den aufmüpfigen BewohnerInnen endlich die ausstehenden Steuern eintreiben soll. Seine irische Frau Catherine kommt mit ihm, um als leidenschaftliche Hobby-Historikerin die Geheimnisse Alexanders des Großen, der das antike Orakel befragt hatte, zu erforschen. Doch in der Oase stoßen sie auf heftigen Widerstand. Die Gemeinschaft dort ist von Sitten und Traditionen durchsetzt sowie untereinander verfeindet. Keine leichte Aufgabe für Machmud, der selbst mit seinen inneren Feinden aus den Tagen der Revolution zu kämpfen hat. Beide, Catherine und Machmud, können nicht von ihren eigenen Dämonen lassen, und die Wüste verschlimmert ihre Situation noch mehr. Als es zu einem Todesfall in der Oase kommt, droht die Situation zu eskalieren und die Grenzen zwischen Fantasie und Wirklichkeit verschwimmen.
Mit insgesamt fünf unterschiedlichen Erzählstimmen, unter ihnen auch Alexander der Große, stattet der ägyptische Autor Baha Taher sein Wüsten-Panoptikum aus. Die Wüste, ein bekannter Rückzugsort zur Selbsterkenntnis, bringt in diesem Roman nur ein bedingtes Erkennen. Die Figuren sind sich selbst ein Rätsel, leiden unter ihrer Vergangenheit und wissen nicht recht um die Zukunft. In teilweise märchenhaft schwebenden Erzählzügen lässt der Autor vieles an seinen Figuren offen, auch das Ende bringt keine klare Lösung. Dennoch verarbeitet er in seinem Roman Fragen nach Herrschaft und Unterdrückung, Recht und Unrecht; es ist gleichsam eine Parabel über einen Mann, der an den Zeiten zugrunde geht, und eine Auseinandersetzung mit der Geschichte Ägyptens. Als erstes Buch erhielt „Die Oase“ 2008 den neu ins Leben gerufenen „International Prize for Arabic Fiction“ – eine wohlverdiente Auszeichnung.
Ruth Papacek
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